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Aktives Wahlrecht ab 16 Jahren? Im Planspiel „Der Landtag sind wir!“ kam es zum hitzigen Schlagabtausch

Im Juli 2023 nahmen die Klassen MFA 11c und ZFA 11b am Planspiel „Der Landtag sind wir!“ an der Berufsschule 2 teil. Dieses Angebot des Bayerischen Landtags wurde von einem Moderatorenteam der „Forschungsgruppe Jugend und Europa am Centrum für angewandte Politikforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München“ betreut. Die Schülerinnen und Schüler setzten sich dabei an einem Vormittag mit dem fiktiven, aber realitätsnahen Gesetzesvorhaben zum aktiven Wahlrecht ab 16 auseinander. Es ging also um politische Mitbestimmung und der Frage, wie sich Politik besser vermitteln lässt: Interessieren sich junge Menschen durch eine Absenkung des Wahlalters stärker für Politik? Sehen sie sich in der Lage, eigenverantwortlich ihr Wahlkreuz zu setzen?
Jede Teilnehmerin, jeder Teilnehmer schlüpfte in die Rolle eines Abgeordneten des Bayerischen Landtags mit ausgedachtem Namen. So auch eine Schülerin der ZFA 11b, die als Stefanie Bauer zur 82jährigen Zahnmedizinerin aus Ansbach und Mitglied der Partei „Die Freien“ wurde. Als älteste Abgeordnete des Bayerischen Landtags durfte Stefanie Bauer die konstituierende Sitzung eröffnen, die Wahl der neuen Landtagspräsidentin leiten und eine Rede halten.
In der anschließenden Sitzung der vier Fraktionen erfolgte dann die eigentliche Arbeit am Gesetzesentwurf, der von der Fraktion der „Ökologen“ eingebracht wurde. Das Profil ihrer Partei sowie ihre Rolle als Abgeordnete wurde den Auszubildenden vorgegeben, ebenso die Einstellung der Partei zum Gesetzesvorschlag. Stefanie Bauer war beispielsweise mit ihrer Partei gegen ein Wahlrecht ab 16 Jahren. Für die Fraktion der „Freien“ sollte das aktive Wahlrecht an die Volljährigkeit gebunden sein, weil junge Menschen mit 16 Jahren zu jung sind und die politischen Zusammenhänge zu wenig verstehen. „Die Ökologen“ wurden von der Partei „Die Sozialen“ in ihrem Gesetzesvorhaben unterstützt: Junge Menschen müssen gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger sein, die spätestens mit 16 Jahren wählen dürfen, da sie von der Politik direkt betroffen sind und über ihre Zukunft selbst mitentscheiden sollten.
In den Ausschüssen galt es dann, die Meinung der eigenen Partei sowie die geänderten Gesetzesvorschläge den Mitgliedern der anderen Fraktionen vorzustellen, zu diskutieren und schließlich über die Beschlussempfehlung des Ausschusses abzustimmen. Wie im realen Bayerischen Landtag mussten dabei die Mitglieder der Opposition frustriert feststellen, dass „Die Konservativen“ die klare Mehrheit besaßen und ein Gesetzesvorschlag der Opposition keine Chance hat. Sehr gut begleitet vom Moderatorenteam der CAP wurde dieser Frust aufgefangen und den Schülerinnen und Schülern erklärt, dass oftmals ein Vorschlag der Opposition zwar zunächst abgelehnt wird, jedoch ein paar Monate später als eigener etwas abgeänderter Vorschlag der Regierung präsentiert wird und dann als neues Gesetz Erfolg hat. Das ist wirklich harte Oppositionsarbeit!
Abschließend kamen alle Abgeordnete im Plenum zusammen. Hier konnte jede Fraktion ihre Stellungnahme zum Gesetzesvorhaben vortragen, die Beschlussempfehlungen wurden vorgelesen und es erfolgte die Abstimmung. Mit klarer Mehrheit der „Konservativen“ und Unterstützung der Abgeordneten der „Freien“ wurde der Gesetzesentwurf zum aktiven Wahlrecht in Bayern ab 16 Jahren abgelehnt und die Sitzung geschlossen.
In einer Feedback-Runde wurde das Planspiel von den MFAs und ZFAs sehr gelobt: für viele war es ein sehr guter Einblick in die Realität, wie der Ablauf der Gesetzgebung tatsächlich stattfindet. Es wurde auch deutlich, wie mühsam und frustrierend Politik sein kann – vor allem für die Opposition – und auf der anderen Seite was für ein gutes Gefühl es ist, in der Mehrheit zu sein und andere locker zu überstimmen. In die Rolle einer anderen Person zu schlüpfen, vor allem wenn die vorgegebene politische Ausrichtung nicht der eigenen entsprach, empfanden einige als sehr schwierig. Hier waren sich die Moderatoren und begleitenden Lehrkräfte jedoch einig: diese Herausforderung haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehr erfolgreich und überzeugend gemeistert, es wurden tolle Reden gehalten und sehr sachlich und fundiert diskutiert.
Wir danken dem Bayerischen Landtag für dieses einmalige pädagogische Angebot. Das ist Demokratieerziehung pur! Und so kann es gelingen, die Jugend für mehr politische Mitbestimmung zu motivieren.


Eva Schatz, StDin
Fachbereich Politik und Gesellschaft

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